Ein fiktiver Use Case
Ohne RescueLink
Ein 8.000 TEU Containerschiff fährt von Durban, Südafrika nach New York. Etwa 1000 sm von Kap Verde entfernt verletzt sich ein Matrose bei der Arbeit in der Werkstatt schwer am Bein. Die Besatzung bringt den Matrosen ins Schiffshospital. Über Satellitentelefon kontaktiert der Kapitän inzwischen seine medizinische Beratungsstelle TMAS, um sich hinsichtlich der Unfallschwere und nötiger Konsequenzen abzustimmen. Auf der Basis der vom Kapitän über Telefon übermittelten Informationen kann sich der TMAS kein umfassendes Bild von der Verletzung machen. Der TMAS empfiehlt daher dem Kapitän auf eine allgemeine Art eine Abbergung oder den am nächsten gelegenen Hafen anzusteuern, um dort medizinische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Auf dieser Grundlage steuert der Kapitän Mindelo/São Vicente an. Vor Ort wird in der Klinik festgestellt, dass die Verletzung nicht so schlimm war, dass der Umweg notwendig gewesen wäre – die Weiterfahrt nach New York wäre möglich gewesen. Mit 4 Tagen Verspätung erreicht das Containerschiff New York und verpasst zudem den Slot zur Entladung, worauf ein weiterer Tag gewartet werden muss. Insgesamt verliert das Schiff 5 Tage.
Mit RescueLink
Über Satcom kontaktiert der Kapitän die virtuelle Rettungsstelle der GHC (VER Virtual Emergency Room). Mittels der Übertragung von Echtzeit-Videobildern und Vitaldaten kann der Telearzt des ukb aus der Entfernung feststellen, dass die Verletzung zwar schwer ist, aber mit Bordmitteln soweit stabilisiert werden kann, dass der Matrose nicht sofort abgeborgen werden muss. Während der ganzen Behandlung wird das Management der Reederei über Telemedizin mit einbezogen. Die finale Entscheidung wird vom Kapitän unter Einbeziehung der Beratung des Telearztes des ukb und des Managements der Reederei getroffen. Der Matrose kann im Ruheraum des Schiffshospitals betreut werden, bis das Schiff New York erreicht. Der Fahrplan des Schiffes und somit der Reederei muss nicht geändert werden.
Heutige Situation
Die weltweite Handelsschifffahrt umfasst mehr als 65.000 Schiffe die sich im permanenten Betrieb auf offener See befinden. Hierbei sind zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Seefahrer im Dienst.
Bei über 20.000 registrierten Notrufen (67% Unfälle und Verletzungen / 36% Erkrankungen) und den damit einhergehenden Kosten spielt die medizinische Versorgung an Bord somit eine wesentliche Rolle, um den laufenden Betrieb aufrechterhalten zu können und unnötige finanzielle Belastungen zu vermeiden. Zudem bietet die adäquate medizinische Versorgung den Reedereien einen wesentlichen Vorteil in der Personalanwerbung.
Eine medizinische Versorgung von Land aus ist nur in einem Bereich von etwa 150 Seemeilen von der Küste aus möglich – das entspricht dem üblichen Einsatzradius von Rettungshubschraubern. Praktisch nur auf Kreuzfahrtschiffen sind Schiffsärzte mit an Bord. Für alle anderen Handelsschiffe sorgt in der Regel der Zweite Offizier für die medizinische Versorgung. Solche nautischen Offiziere haben in Deutschland eine vierwöchige medizinische Ausbildung an der Seefahrtschule erhalten. Die medizinische Ausstattung an Bord muss daher auch für einen medizinischen Laien handhabbar sein.
Beispieleinsätze
AWI-Forschungsschiff Heincke
Das AWI – Alfred-Wegner-Institut für Polar und Meeresforschung – ist eine weltweit renommierte und führende Forschungseinrichtung. Es betreibt Forschungsstationen an abgelegenen Orten sowie weltweit operierende Forschungsschiffe. Auf einem dieser Schiffe – dem Forschungsschiff Heincke – wird die Telemedizinlösung RescueLink eingesetzt. Den Tele-Notarzt stellt das Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide .